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Montag, 13. April 2015

Steaks und Stiefmütter


Hallo ihr Lieben,

Freitag Abend befand ich mich in einer für mich sehr belastenden Situation. Ich war das erste Mal seit langer Zeit zum Essen eingeladen. Ich wurde von meiner Lebensgefährtin in mein Lieblingssteakhaus ausgeführt. Da ich nun einmal ein Mann bin, habe ich mich darauf sehr gefreut, denn was gibt es schon Besseres als Steak? Nicht viel, also war ich dementsprechend guter Dinge!

Wir setzten uns auf einen schönen Fensterplatz und machten es uns gemütlich. Neben uns saß eine kleine Familie. Vater, Mutter und Sohn. Das dachte ich zumindest. Ich bin ein recht aufmerksamer Mensch und so bekomme ich meistens auch das, was um mich herum geschieht, sehr schnell mit. Auch an diesem Abend sollte das so sein, denn ich konnte das Gespräch am Nebentisch ziemlich gut verfolgen und die Gestik und Mimik dieser drei Personen sehen. Mir fiel schnell auf, dass der Junge, er war etwa 10 Jahre alt, "Papa" und "Kerstin" sagte. Der Junge redete sehr schnell, schaute seinen Papa dabei mit großen Augen an und neigte dazu, die Gesprächsthemen immer etwas zu übertreiben.
Der Vater hatte sichtlich Spaß an dem Gespräch und machte zwischendurch auch kleine Scherze.
Kerstin hingegen schaute entweder gelangweilt auf ihr Handy oder diskutierte mit dem Jungen. Darüber, wie weit man sehen kann, ob oder ob der Junge noch nicht Star Wars schon einmal geschaut hat und woher das Wort "Casino" stammt. Kerstin war grundsätzlich anderer Meinung als der Junge und stellte ihn verbal ziemlich bloß.
So behauptete der Junge zum Beispiel, dass man nur 5 Kilometer weit sehen kann. Was in so weit stimmt, als dass man bei einer Augenhöhe von ca. 2 Metern etwa 5 Kilometer bis zum Horizont sehen kann. Anstatt aber nachzufragen, was der Junge meint, sagte Kerstin: "Das ist doch absoluter Schwachsinn! Der Mond ist doch viel weiter weg!" Alle Diskussionen, die ich an diesem Abend mithören konnte, waren so geartet. Der Vater hat dabei nicht wirklich in die Situation eingegriffen.

Dieses Schauspiel hat mich bereits beim Essen sehr nachdenklich und auch ein wenig traurig gemacht. Der sehnsüchtige Blick des Jungen, das Übertreiben der Themen und die Art, wie er sich immer wieder an seinen Vater wandte, das spricht für mich davon, dass der Junge Aufmerksamkeit sucht, dass der Junge verzweifelt versucht, seinen Vater zu beeindrucken, den Vater dazu zu bewegen, ihn vielleicht einmal in den Arm zu nehmen oder Ähnliches.
Kerstin hingegen schrie gerade zu heraus: "Ich hab keine Lust auf dieses KIND! Ich will den Mann für mich allein haben!"
Der Vater hielt sich einfach heraus. Das finde ich ehrlich gesagt am schlimmsten. Wenn meine Lebensgefährtin so mit meinen Kindern reden würde, würde ich ihr etwas ganz anderes "erzählen".

Das alles hat mich auch in der folgenden Nacht nicht mehr losgelassen! Wird mein Sohn mich später auch so ansehen? Ist es das, was mich und meine Kinder in der Zukunft erwartet? Was kann ich tun, damit es nicht so wird?

Vielleicht interpretiere ich die Situation an diesem Abend auch vollkommen falsch. Aber ich denke, dass es nicht von Belangen ist, was an diesem Abend und in dieser Familie tatsächlich an der Tagesordnung ist. Wichtig ist nur, was dieser Abend in mir auslöst und was ich daraus lernen kann.

Also, was kann ich daraus lernen? Ich lerne daraus, dass es richtig ist, kein Wochenendpapa sein zu wollen. Ich lerne daraus, dass meine Kinder IMMER an erster Stelle kommen werden. Ich lerne daraus, was ich meinen Kindern in Zukunft ersparen will.


Alles Gute,
Thomas