Die erste zuschrifft zu meinem Gast-Autoren aufruf ist heute eingegangen! Vielen Dank dafür! Die Autorin möchte Anonym bleiben! Ich bin sehr beeindruckt und spreche dieser Dame meinen höchsten Respekt aus!!
"Ich habe 2 Kinder (Sohn 14 und Tochter
11).
Mein Ex-Mann hat sich von uns getrennt,
als meine Kinder 7 und 4 waren. Die Kinder haben zuvor keine dollen Spannungen
oder Streitereien mitbekommen. Es kam auch eher aus „heiterem Himmel“
(zumindest für mich). Wir hatten uns aufgrund schwieriger Arbeits- und
Finanzsituation etwas auseinandergelebt, da wir unterschiedlich mit den
Problemen umgegangen sind. Mein Ex-Mann hat sich eine neue Partnerin gesucht,
und uns dann von einem Tag zum anderen verlassen.
Zuerst fiel es für die Kinder nicht
stark ins Gewicht, da der Papa sowieso meist morgens früh aus dem Haus arbeiten
war, und er erst nach dem Abendessen nach Hause kam – einschließlich Samstag.
Ich war sehr verletzt, habe es aber
bewusst vor meinen Kindern verborgen und niemals schlecht über ihren Papa
gesprochen. Ich hatte in der Zeit einen sehr guten Freund, dem gegenüber ich
meine ganzen Gedanken ausbreiten konnte, meinen Frust, mein Unverständnis und
meine Wut. Es kamen Gedanken auf, wie z.b. „ein charakterlich so labiler Mensch
soll am besten gar keinen Einfluss mehr auf meine Kinder haben. Ich will denen
schließlich besseren Charakter beibringen“ u.ä. Es dauerte etwa 4 Monate, bis –
mit einigem Ärger – dann das Besuchsrecht geregelt war. In der Zeit habe ich –
eine Person, die sehr stark sich selbst und Situationen reflektiert und
analysiert – viele Phasen durch gemacht, von dem Verletztsein über den Versuch
ihn zurückzugewinnen, zur Wut, zur Resignation bis hin zu einer kleinen Rache.
Jedoch alles, ohne dass die Kinder bewusst etwas davon mitbekommen haben.
Gefühlmäßig werden sie sicher meine Stimmungslagen pp. mitbekommen haben.
Eines Tages sagte meine 4jährige
Tochter: „Wer kümmert sich denn um uns, wenn du uns auch verlässt“? Ich war
erschrocken über die Frage, und entsprechend mit Liebe und einfühlsamen Worten
reagiert, in etwa „ich werde sie nie allein lassen“ und ähnliches. Aber mir
wurde dadurch sehr deutlich, wie Kinder denken. Papa ist gegangen und hat sie
verlassen, also kann eine Mutter dies auch irgendwann tun.
Nach den 4 Anfangsmonaten, in denen mein
Ex-Mann die Kinder nur sporadisch gesehen hat, gab es geregelt 14tägige
Papa-Wochenenden. Er holte sie bei mir ab, und brachte sie wieder zurück (Wohnt
in der Nachbarstadt, also ca. 20 km entfernt). Anfänglich habe ich möglichst
vermieden, ihn zu treffen, sondern die Kinder direkt rausgeschickt, wenn ich
wusste dass er kam, und beim Zurückkommen gleichermaßen. Irgendwann stellte ich
fest, dass meine Kinder sich nicht trauten mir zu zeigen, dass sie sich auf
Papa freuen, bzw. beim erzählen versuchten, was sie gemacht hatten,
oberflächlich blieben, und nicht emotional berichteten. Da habe ich für mich
den Schluss gefällt, dass es vollkommen egal ist, was ich über meinen Ex denke,
und wie wir zueinander stehen. Der Kinder zu liebe kann ich trotzdem freundlich
zu ihm sein, und eine Faust in der Tasche machen, die die Kinder nicht sehen.
So habe ich beim darauf folgenden WE die Kinder bei ihm abgeholt (nach
vorheriger Absprache) und bin auf einen Kaffee mit in die Wohnung gegangen.
Direkt in den Folgetagen spürte ich, dass die Kinder anders waren. Sie
erzählten offen, was sie mit Papa gemacht hatten, und kurz darauf sagte mein
Sohn zu mir, dass er sich gefreut hätte, dass ich mit Papa einen Kaffee
getrunken hätte. Seit dem erfolgten auch die Absprachen zwischen ihm und mir
weniger per Email, sondern telefonisch, so dass die Kinder dies auch
mitbekamen, dass wir vernünftig mit einander telefonierten. Natürlich kamen
auch mal Dinge, die zwischen ihm und mir geklärt werden mussten, was
unterschiedliche Erziehungsdinge etc. anging, das habe ich sämtlich unter 4
Augen oder schriftlich gemacht, so dass die Kinder keinen Stress zwischen uns
in den gesamten 5 vergangenen Jahren mitbekamen.
Mittlerweile ist es ganz normal für die
Kinder, wenn sie sich freuen, wenn was besonderes ist, oder ähnliches kurz bei
ihrem Papa anzurufen und zu erzählen. Oder er ruft hier an und fragt, was
gewesen ist. Verschiebungen der Wochenenden aufgrund Unternehmungen der Kinder
ist überhaupt kein Problem. Bei der Konfirmationsfeier meines Sohnes war der
Papa mit seiner mittlerweile anderen Freundin ebenso anwesend und hat
mitgefeiert. Ich hätte zwar genauso gern darauf verzichtet, aber da ich weiß,
dass es meinem Sohn wichtig war, war er dabei.
Meine Freundin mit einem 4jährigen Sohn
hat sich gerade vor 2 Monaten getrennt. Meine Kinder haben das ein bisschen
mitbekommen. Mein Sohn meinte daraufhin. „Ich glaube, es ist ein Vorteil, wenn
man so jung ist. Wir waren ja auch noch klein. Und für uns ist es irgendwie
ganz selbstverständlich, dass wir Papa und Mama haben, aber dass sie nicht
zusammen wohnen“.
Meine Tochter äußerte vor ca. 2 -3 Jahren
mal einen erschreckenden Satz. Als Vorwissen muss man wissen, dass mein Sohn aussehensmäßig
und auch in einigen wesentlichen Charakterzügen sehr stark nach mir kommt,
meine Tochter dagegen nach meinem Ex-Mann. So haben wir früher oft davon
geredet, „er kommt total nach mir – ist mein Sohn, sie ist deine Tochter“. Und
nun sagte meine Tochter, „mich liebst du ja nicht so, wie …, da er ja wie du
bist, während ich wie Papa.“ Da war ich natürlich sehr erschrocken, was so eine
„doofe“ Redensart bei einem Kind bewirken kann. Dann habe ich aufgezählt,
welche Arten alle genauso sind wie ich als Kind war. Fotos raus gesucht, wo sie
genauso aussieht wie ich als Kind usw. Selbst heute noch mache ich es immer
wieder, dass ich unauffällig darauf aufmerksam mache, wenn Eigenschaften meines
Sohnes zum Vorschein kommen, die sozusagen vom Papa sind, und wenn umgekehrt
bei ihr die Parallelen zu mir da sind.
In den ganzen Jahren sind meine beiden
Kinder sehr stark zusammen gewachsen. Sie halten extrem zusammen, streiten
wenig und sind immer füreinander da, wenn jmd. Hilfe braucht.
Natürlich wird eine gewisse Prägung
immer bleiben. Aber rückblickend auf die vergangenen Jahre, und wie die Kinder
heutzutage sind, würde ich sagen, wir haben den besten Kompromiss gefunden, den
man finden konnte. Ich bin mir aber bewusst, dass das nur möglich war, weil wir
beide es gewollt haben, weil wir beide uns zusammengerauft haben, weil wir
beide ganz bewusst die Kinder von Unstimmigkeiten pp. fernhalten wollten und
wollen. Ich denke auch, dass es eine gewisse Reife bei uns Erwachsenen
voraussetzt, damit man nicht in der Wut, dem Frust, dem Verletztsein und dem
Rachegefühl stecken bleibt. Das gehört sicher alles zum Verarbeiten dazu, aber
es darf m.E. nicht das letzte Wort sein. So habe ich mir selber beispielsweise
ganz bewusst vor Augen geführt, was ich für gute Jahre mit ihm zusammen, und
wir als Familie hatten. Schließlich war ja nicht alles schlecht. Wenn ich aber
im Nachhinein alles schlecht rede, verleugne ich ja einen ganz großen Teil
meines Lebens. Dann kann ich nie ins Reine mit mir selber kommen.
Vor kurzem kam mit meinem Sohn mal das
Gespräch über Partnerschaft, und da in Folge dessen auch zum nicht klappen
meiner Ehe. Da sagte er, er wüsste ja gar nicht, warum wir uns eigentlich
getrennt haben. Klar weiß er, dass mein Ex damals eine Freundin hatte, aber er
meinte eher die Hintergründe dessen. Da habe ich ihm geantwortet, dass ich ihm
das auch nicht sagen würde. Vielleicht mal viel viel später, vielleicht aber
auch nie. Und habe auch die Erklärung dazu gegeben, nämlich dass ich möchte,
dass er nicht beeinflusst wird von mir, was ich vielleicht nicht so gut an Papa
fand. Wir hätten beide unsere Fehler gemacht, und da möchte ich nicht, dass er
sich dann sozusagen Vorurteile bildet, nur weil ich irgendwie darüber denke. Er
liebt Papa, und Papa liebt ihn. Papa ist ja ein Teil von ihm, und genau so soll
es bleiben."
Sehr bewegend wie ich finde. Das sollte vielen als Beispiel dienen!
Alles gute,
2 Kommentare:
Toller Text der sehr berührt. Gerade wenn man(n) selbst nach den Jahren erkennen kann/muss, dass dies bei einem selbst fehlend war und so zu einer Entwicklung geführt hat, die nach den Kindern auch die Erwachsenen dahinter - auch die in der zweiten Reihe - geschädigt hat.
Die Kids werden diese Folgen noch zu spüren bekommen, wenn sie die Eltern nachahmen werden. Hoffentlich merken sie es dann eher, wie ihre Eltern!
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