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Dienstag, 24. Februar 2015

So sollte es sein!






Die erste zuschrifft zu meinem Gast-Autoren aufruf ist heute eingegangen! Vielen Dank dafür! Die Autorin möchte Anonym bleiben! Ich bin sehr beeindruckt und spreche dieser Dame meinen höchsten Respekt aus!!


"Ich habe 2 Kinder (Sohn 14 und Tochter 11).

Mein Ex-Mann hat sich von uns getrennt, als meine Kinder 7 und 4 waren. Die Kinder haben zuvor keine dollen Spannungen oder Streitereien mitbekommen. Es kam auch eher aus „heiterem Himmel“ (zumindest für mich). Wir hatten uns aufgrund schwieriger Arbeits- und Finanzsituation etwas auseinandergelebt, da wir unterschiedlich mit den Problemen umgegangen sind. Mein Ex-Mann hat sich eine neue Partnerin gesucht, und uns dann von einem Tag zum anderen verlassen.



Zuerst fiel es für die Kinder nicht stark ins Gewicht, da der Papa sowieso meist morgens früh aus dem Haus arbeiten war, und er erst nach dem Abendessen nach Hause kam – einschließlich Samstag.



Ich war sehr verletzt, habe es aber bewusst vor meinen Kindern verborgen und niemals schlecht über ihren Papa gesprochen. Ich hatte in der Zeit einen sehr guten Freund, dem gegenüber ich meine ganzen Gedanken ausbreiten konnte, meinen Frust, mein Unverständnis und meine Wut. Es kamen Gedanken auf, wie z.b. „ein charakterlich so labiler Mensch soll am besten gar keinen Einfluss mehr auf meine Kinder haben. Ich will denen schließlich besseren Charakter beibringen“ u.ä. Es dauerte etwa 4 Monate, bis – mit einigem Ärger – dann das Besuchsrecht geregelt war. In der Zeit habe ich – eine Person, die sehr stark sich selbst und Situationen reflektiert und analysiert – viele Phasen durch gemacht, von dem Verletztsein über den Versuch ihn zurückzugewinnen, zur Wut, zur Resignation bis hin zu einer kleinen Rache. Jedoch alles, ohne dass die Kinder bewusst etwas davon mitbekommen haben. Gefühlmäßig werden sie sicher meine Stimmungslagen pp. mitbekommen haben.



Eines Tages sagte meine 4jährige Tochter: „Wer kümmert sich denn um uns, wenn du uns auch verlässt“? Ich war erschrocken über die Frage, und entsprechend mit Liebe und einfühlsamen Worten reagiert, in etwa „ich werde sie nie allein lassen“ und ähnliches. Aber mir wurde dadurch sehr deutlich, wie Kinder denken. Papa ist gegangen und hat sie verlassen, also kann eine Mutter dies auch irgendwann tun.



Nach den 4 Anfangsmonaten, in denen mein Ex-Mann die Kinder nur sporadisch gesehen hat, gab es geregelt 14tägige Papa-Wochenenden. Er holte sie bei mir ab, und brachte sie wieder zurück (Wohnt in der Nachbarstadt, also ca. 20 km entfernt). Anfänglich habe ich möglichst vermieden, ihn zu treffen, sondern die Kinder direkt rausgeschickt, wenn ich wusste dass er kam, und beim Zurückkommen gleichermaßen. Irgendwann stellte ich fest, dass meine Kinder sich nicht trauten mir zu zeigen, dass sie sich auf Papa freuen, bzw. beim erzählen versuchten, was sie gemacht hatten, oberflächlich blieben, und nicht emotional berichteten. Da habe ich für mich den Schluss gefällt, dass es vollkommen egal ist, was ich über meinen Ex denke, und wie wir zueinander stehen. Der Kinder zu liebe kann ich trotzdem freundlich zu ihm sein, und eine Faust in der Tasche machen, die die Kinder nicht sehen. So habe ich beim darauf folgenden WE die Kinder bei ihm abgeholt (nach vorheriger Absprache) und bin auf einen Kaffee mit in die Wohnung gegangen. Direkt in den Folgetagen spürte ich, dass die Kinder anders waren. Sie erzählten offen, was sie mit Papa gemacht hatten, und kurz darauf sagte mein Sohn zu mir, dass er sich gefreut hätte, dass ich mit Papa einen Kaffee getrunken hätte. Seit dem erfolgten auch die Absprachen zwischen ihm und mir weniger per Email, sondern telefonisch, so dass die Kinder dies auch mitbekamen, dass wir vernünftig mit einander telefonierten. Natürlich kamen auch mal Dinge, die zwischen ihm und mir geklärt werden mussten, was unterschiedliche Erziehungsdinge etc. anging, das habe ich sämtlich unter 4 Augen oder schriftlich gemacht, so dass die Kinder keinen Stress zwischen uns in den gesamten 5 vergangenen Jahren mitbekamen.



Mittlerweile ist es ganz normal für die Kinder, wenn sie sich freuen, wenn was besonderes ist, oder ähnliches kurz bei ihrem Papa anzurufen und zu erzählen. Oder er ruft hier an und fragt, was gewesen ist. Verschiebungen der Wochenenden aufgrund Unternehmungen der Kinder ist überhaupt kein Problem. Bei der Konfirmationsfeier meines Sohnes war der Papa mit seiner mittlerweile anderen Freundin ebenso anwesend und hat mitgefeiert. Ich hätte zwar genauso gern darauf verzichtet, aber da ich weiß, dass es meinem Sohn wichtig war, war er dabei.



Meine Freundin mit einem 4jährigen Sohn hat sich gerade vor 2 Monaten getrennt. Meine Kinder haben das ein bisschen mitbekommen. Mein Sohn meinte daraufhin. „Ich glaube, es ist ein Vorteil, wenn man so jung ist. Wir waren ja auch noch klein. Und für uns ist es irgendwie ganz selbstverständlich, dass wir Papa und Mama haben, aber dass sie nicht zusammen wohnen“.



Meine Tochter äußerte vor ca. 2 -3 Jahren mal einen erschreckenden Satz. Als Vorwissen muss man wissen, dass mein Sohn aussehensmäßig und auch in einigen wesentlichen Charakterzügen sehr stark nach mir kommt, meine Tochter dagegen nach meinem Ex-Mann. So haben wir früher oft davon geredet, „er kommt total nach mir – ist mein Sohn, sie ist deine Tochter“. Und nun sagte meine Tochter, „mich liebst du ja nicht so, wie …, da er ja wie du bist, während ich wie Papa.“ Da war ich natürlich sehr erschrocken, was so eine „doofe“ Redensart bei einem Kind bewirken kann. Dann habe ich aufgezählt, welche Arten alle genauso sind wie ich als Kind war. Fotos raus gesucht, wo sie genauso aussieht wie ich als Kind usw. Selbst heute noch mache ich es immer wieder, dass ich unauffällig darauf aufmerksam mache, wenn Eigenschaften meines Sohnes zum Vorschein kommen, die sozusagen vom Papa sind, und wenn umgekehrt bei ihr die Parallelen zu mir da sind.



In den ganzen Jahren sind meine beiden Kinder sehr stark zusammen gewachsen. Sie halten extrem zusammen, streiten wenig und sind immer füreinander da, wenn jmd. Hilfe braucht.



Natürlich wird eine gewisse Prägung immer bleiben. Aber rückblickend auf die vergangenen Jahre, und wie die Kinder heutzutage sind, würde ich sagen, wir haben den besten Kompromiss gefunden, den man finden konnte. Ich bin mir aber bewusst, dass das nur möglich war, weil wir beide es gewollt haben, weil wir beide uns zusammengerauft haben, weil wir beide ganz bewusst die Kinder von Unstimmigkeiten pp. fernhalten wollten und wollen. Ich denke auch, dass es eine gewisse Reife bei uns Erwachsenen voraussetzt, damit man nicht in der Wut, dem Frust, dem Verletztsein und dem Rachegefühl stecken bleibt. Das gehört sicher alles zum Verarbeiten dazu, aber es darf m.E. nicht das letzte Wort sein. So habe ich mir selber beispielsweise ganz bewusst vor Augen geführt, was ich für gute Jahre mit ihm zusammen, und wir als Familie hatten. Schließlich war ja nicht alles schlecht. Wenn ich aber im Nachhinein alles schlecht rede, verleugne ich ja einen ganz großen Teil meines Lebens. Dann kann ich nie ins Reine mit mir selber kommen.



Vor kurzem kam mit meinem Sohn mal das Gespräch über Partnerschaft, und da in Folge dessen auch zum nicht klappen meiner Ehe. Da sagte er, er wüsste ja gar nicht, warum wir uns eigentlich getrennt haben. Klar weiß er, dass mein Ex damals eine Freundin hatte, aber er meinte eher die Hintergründe dessen. Da habe ich ihm geantwortet, dass ich ihm das auch nicht sagen würde. Vielleicht mal viel viel später, vielleicht aber auch nie. Und habe auch die Erklärung dazu gegeben, nämlich dass ich möchte, dass er nicht beeinflusst wird von mir, was ich vielleicht nicht so gut an Papa fand. Wir hätten beide unsere Fehler gemacht, und da möchte ich nicht, dass er sich dann sozusagen Vorurteile bildet, nur weil ich irgendwie darüber denke. Er liebt Papa, und Papa liebt ihn. Papa ist ja ein Teil von ihm, und genau so soll es bleiben."

Sehr bewegend wie ich finde. Das sollte vielen als Beispiel dienen!

Alles gute,
Thomas

2 Kommentare:

lotzejong hat gesagt…

Toller Text der sehr berührt. Gerade wenn man(n) selbst nach den Jahren erkennen kann/muss, dass dies bei einem selbst fehlend war und so zu einer Entwicklung geführt hat, die nach den Kindern auch die Erwachsenen dahinter - auch die in der zweiten Reihe - geschädigt hat.
Die Kids werden diese Folgen noch zu spüren bekommen, wenn sie die Eltern nachahmen werden. Hoffentlich merken sie es dann eher, wie ihre Eltern!

lotzejong hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.