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Dienstag, 24. Februar 2015

Was ist Erziehung?


Hallo ihr Lieben,

 ich wurde vor Kurzem von einer Kinderpsychologin, die für das Jugendamt tätig ist, gefragt: "Was bedeutet es für dich, zu 'erziehen'?" Wie ich nun einmal so bin, habe ich mir darüber viele Gedanken gemacht. 

Es gibt wohl keine "Elternzeitschrift", die nicht in jeder Ausgabe mindestens einen Artikel zu diesem Thema präsentiert. Man liest von der "antiautoritären Erziehung", der "demokratischen Erziehung" und vielen anderen Erziehungsformen. Ich kenne Eltern, die gleich mehrere Abos für "Elternzeitschriften" haben. Dies Eltern lesen so unglaublich viel über das Thema Erziehung und bekommen so viele Eindrücke, Tipps und Ratschläge, dass sie vergessen, ihren eigenen Erziehungsstil zu finden.
Ich frage mich jedes Mal: "Wie kann man sich von einer Zeitung sagen lassen, was für das eigene Kind, das man selbst am besten kennen sollte, richtig oder falsch ist?" Ich bin kein Experte, was das Thema angeht. Ich bin nur Papa. Aber ich möchte nun einmal versuchen, zu erläutern, was es in meinen Augen bedeutet, seine Kinder zu erziehen. 

Wenn wir von Erziehung sprechen, geht es um soziale Fähigkeiten, wie beispielsweise Anstand, Benehmen, Werte, die es zu vermitteln gilt, und den Umgang mit anderen. 
So muss man sich zuallererst zwei Fragen stellen: 1. Was für ein Mensch soll mein Kind einmal werden? Damit meine ich nicht, welchen Beruf es einmal ergreifen, welche Musik es hören oder für welche Dinge es sich interessieren soll. Ich meine Dinge wie Ehrlichkeit, gute Manieren, Respekt und soziale Kompetenz. 
2. Wie lernen Kinder? Diese Frage ist eigentlich einfach zu beantworten. Kinder lernen durch Entdecken, Beobachten und Wiederholen. 

Daraus ergibt sich, meiner Meinung nach, ein klares Bild. Wenn ich meinem Kind etwas vermitteln will, muss ich es vorleben. So muss ich also selbst, in jedem Moment, der Mensch sein, zu dem meine Kinder sich entwickeln sollen. Wenn ich also möchte, dass mein Kind sein Versprechen hält, dann muss ich zuerst meine eigenen halten. "Wenn Papa was verspricht, dann […] hält Papa das auch!" So beendet mein Sohn diesen Satz jedes Mal, weil er weiß, dass es so ist. Er macht es mir nach, er hält seine Versprechen. Ich habe ihn schon oft dabei beobachten können, wie er zu sich selbst murmelt: "Wenn Roni was verspricht, dann hält Roni das auch, wie der Papa." 

Das ist dann schon einmal ein ganz guter Einstieg. Nun gilt es, die Kinder im Alltag zu begleiten, ihnen dabei zu helfen, die Welt zu entdecken. Das funktioniert, meiner Ansicht nach am besten, indem ich meine Kinder einfach machen lasse. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Sohn etwas schneller lernt, wenn er es selbst immer wieder versucht. Klar, ich bin für ihn da, wenn er mich braucht. Wenn er sagt: "Papa ich kann das nicht", dann nehme ich ihm die Aufgabe nicht ab. Ich ermutigte ihn, es noch einmal zu versuchen. "Du kannst alles schaffen, wenn du es willst und nicht aufgibst", sage ich ihm regelmäßig. Wenn er es dann doch noch nicht allein schafft, nehme ich mir die Zeit und mache es mit ihm GEMEINSAM! Dann erkläre ich es ihm Schritt für Schritt und wiederhole es mit ihm, bis er es kann. 

Dies lässt sich, denke ich, auf alles im Leben übertragen und gilt für mich als Richtlinie der Erziehung meiner Kinder. Wichtig ist es, mit den Kindern zu reden. Wenn ich etwas tue, erkläre ich es meinem Sohn. Ich lasse ihn daran teilhaben. Wenn ich z.B. abstaube, bekommt er einen Lappen und darf mir dabei helfen. Ja o.k., da, wo er abstaubt, muss ich noch einmal ran und ja, es dauert länger und ist manchmal etwas aufwendiger, dafür räumt mein Sohn aber auch sein Zimmer freiwillig auf – zwar nicht immer, aber sehr oft. Kocht zum Beispiel mit euren Kindern, geht mit ihnen auf den Bauernhof! So bekommen sie beispielsweise einen Bezug zu Lebensmitteln. Diese kommen nun einmal nicht nur aus dem Supermarkt. Habt ihr einen Garten? Dann nehmt euch eine kleine Ecke und baut mit euren Kindern gemeinsam Gemüse an. Das macht Arbeit, ich weiß, aber vor allem macht es Spaß! Ich werde nie vergessen, wie schön es war, meinen 2-jährigen Sohn dabei zu beobachten, wie er die Himbeersträucher leer gefuttert hat. 

Noch viel wichtiger ist, hört euren Kindern zu! Sie haben so viel zu erzählen, so viel zu entdecken. Das kann alles Mögliche sein, ein Flugzeug am Himmel, ein Bauarbeiter, ein Polizist oder eine Katze, die die Straße überquert. Eure Kinder wollen diese Erlebnisse mit euch teilen, also hört ihnen zu, erzählt ihnen dazu vielleicht noch etwas Interessantes. Ich werde niemals eine Situation im Bus vergessen: Vor mir saß eine leicht gestresste Mutter mit ihrem ca. 4 Jahre alten Sohn. Dieser war vollkommen begeistert von dem Polizisten, den er aus dem Fenster heraus dabei beobachten konnte, wie er den Verkehr regelte. Er zupfte an der Jacke seiner Mutter und sagte: "Mama schau, ein Polizist!" Ihre Antwort war: "Ja und? Das ist doch nichts Besonderes, nerv mich nicht!" Das niedergeschlagene, todtraurige Gesicht des Jungen werde ich nie vergessen. Seitdem plane ich immer 15 Minuten extra ein, um Zeit zu haben, wenn meine Kinder mir etwas zeigen möchten. Kommt mir jetzt nicht mit: "Ich bin immer so im Stress und habe keine Zeit!" Euch sage ich dann das selbe wie meinem Sohn: Ihr könnt alles, wenn ihr es wollt und nicht aufgebt! ;-) 

Ein guter Leitsatz ist für mich immer: Weshalb möchte ICH nicht, dass er/sie das macht? Ist es für MICH unangenehm, stressig, kompliziert usw. oder ist es schädlich, schlecht oder falsch für mein Kind? 

Es kommt bei mir eigentlich sehr selten vor, dass ich mal „hart" bleiben muss oder eine „Strafe" verhänge. Wenn ich allerdings „hart" bleiben muss, dann ist es für mich immer wichtig zu erkennen, was gerade passiert. Ist es eine Situation die zu dem oben genannten Leitsatz passt oder ist es ein Machtkampf? Kinder testen und schauen, wer sich durchsetzen kann. Ich kann das bei meinen Kindern recht gut erkennen und bleibe in diesen Situationen „hart". Wenn ich mal eine „Strafe" verhängen muss, dann ist es bei kleinen Kindern, wie meine es sind, wichtig, darauf zu achten, nicht zu konsequent zu sein. Klar, man muss Konsequenz beweisen, aber man sollte auch versuchen, zu verstehen, wie das bei den Kindern ankommen kann. Bei kleinen Kindern ist es so, dass sie die Konsequenz nach einer gewissen Zeitspanne – sagen wir der Einfachheit halber 10 Minuten – nicht mehr als konsequent, sondern als gemein wahrnehmen. Also versuche ich, nach einigen Minuten auf meine Kinder zuzugehen. Ich nehme sie auf den Schoß und sage: "So jetzt waren wir aber ganz schön sauer aufeinander. Jetzt entschuldigen wir uns und suchen einen Weg, wie du und ich mit deiner Bestrafung am besten leben können." Ein Beispiel: Mein Sohn macht Theater beim Zubettgehen und steht immer wieder auf. Dann gibt es als Konsequenz kein Hörspiel zum Einschlafen. Meist machen wir dann den Kompromiss, noch kurz zusammen eine Geschichte zu lesen und dass dann ohne weiteres Hörspiel zu hören, geschlafen wird. Das funktioniert bei mir jedes Mal. 

Ein weiteres, letztes Thema möchte ich noch ansprechen, nämlich das Fernsehen schauen. In den Zeitschriften liest man immer wieder, dass Fernsehen nicht gut für Kinder ist, ja sogar schädlich sein kann. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. 
Ja, man sollte seine Kinder nicht den ganzen Tag oder auch ganze Stunden vorm Fernseher parken. Es gibt viele, eindeutig bessere Dinge, die man unternehmen kann. Aber grundsätzlich falsch finde ich Fernsehen für Kinder nicht. Mein Sohn darf abends vor dem Zubettgehen ein wenig Fernsehen schauen. Seine Lieblingssendung ist "Go Wild – Mission Wildnis". Diese Sendung ist der Knaller! Mein Sohn könnte euch Fakten und Dinge über Tiere erzählen, von denen ihr noch nicht einmal gehört habt. So bleibt meiner Ansicht nach, als Fazit lediglich zu sagen: Fernsehen in geringen Mengen kann, mit ausgewählten Sendungen, sogar fördernd und bildend für Kinder sein! 

Um das Ganze einmal zusammenzufassen: Erziehung bedeutet, für mich,  Vorleben, Begleiten, Zuhören und miteinander reden, mitmachen und vor allem lieben. Denn all das, was ich beschrieben habe, bringt nichts, wenn ihr es nicht voller Freude und Liebe macht! Ich gebe dem ganzen mal einen Namen: Es ist der "einfühlsame Erziehungsstil". 

Alles Gute, 
Thomas