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Samstag, 17. Januar 2015

Von Vätern und Kindern...




Hallo ihr Lieben,
ich habe in den letzten Wochen und Monaten mit vielen Müttern gesprochen, die, scheinbar böswillig, den Kontakt der Kinder zum Vater einschränken oder gar ganz unterbinden wollten. Ich konnte einfach nicht verstehen, wieso jemand so etwas tun kann. Also fing ich an, nachzuforschen. Ich habe Mütter angeschrieben, frei und offen, sie gefragt, ob sie bereit wären, mit mir darüber zu reden, es mir zu erklären und mir ihre Beweggründe mitzuteilen. Dabei hat sich für mich etwas erstaunliches herauskristallisiert.
Die meisten sagten mir: "Mein Ex-Mann hatte nie Interesse an unseren Kindern gezeigt. Sie hatten keine Bindung zueinander, wie ich sie zu den Kindern habe. Ich hatte einfach Bedenken, ihn, da er sich ja nie interessiert hat, mit den Kindern allein zu lassen. Ich hatte Angst."
Klar, das ist keine repräsentative Studie oder ähnliches, aber es hat mich nachdenklich gemacht, denn auch ich tat mich anfangs schwer mit meinen Kindern. Ich habe sie geliebt, ich war glücklich und stolz wie Oskar. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Bindung zwischen Mutter und Kind eine andere ist, als zwischen mir und den Kindern. Damals habe ich nicht weiter darüber nachgedacht. Heute ist das anders. Ich hatte immer schon ein, wie ich finde, sehr gutes Verhältnis zu unseren Kindern. Aber jetzt, nach der Trennung, ist sie viel intensiver als früher. Aber jetzt greife ich schon voraus.
Erst einmal möchte ich versuchen, etwas Licht auf das Thema Bindung zur Mutter zu werfen.
Eine Mutter hat von dem Moment der Zeugung an einen "direkten Draht" zu dem gemeinsamen Kind. Damit meine ich nicht die Nabelschnur, ich meine den Kontakt. Väter und Mütter bauen während der Schwangerschaft eine emotionale Bindung zum Kind auf, das ist klar. Aber ihr Mütter habt etwas, das wir Väter niemals haben werden: Ihr habt auch körperlichen Kontakt. Ihr könnt vom ersten Moment an Einfluss auf das Kind nehmen. Esst ihr z.B. während der Schwangerschaft gerne Orangen, wird vermutlich auch das Baby diese gerne essen. Es ist euer Herzschlag, den das Kind ununterbrochen (mit ca 90db) hört. Es fühlt eure Wärme und hört eure Stimme. Klar kann das Kind auch die Stimme des Vaters wahrnehmen, diese aber in einer anderen Form. Die Stimme der Mutter dringt direkt zum Baby vor - über die Vibrationen durch den Körper an das Babyohr. Die Stimme des Vaters kommt von außen und verliert so an Substanz, bis sie an das Babyohr dringt. Ihr teilt so viel mit den Kindern, schon bevor sie geboren werden. Dinge, die uns Vätern verwehrt bleiben. So ist es klar und verständlich, dass ihr bereits vor der Geburt eine ganz andere, aber nicht stärkere Bindung zu den Kindern aufbauen könnt, als wir Väter es können.
Erst nach der Geburt können wir Väter "richtig" beginnen, eine Bindung durch körperlichen Kontakt aufzubauen. Allerdings habt ihr auch hier wieder Vorteile, die uns Vätern vorenthalten bleiben. Ihr könnt stillen. Manche Mütter machen es nicht, andere können es nicht. Aber die Mütter, die es machen, haben die Möglichkeit, die Bindung noch weiter auszubauen. Klar können wir Väter auch mit der Flasche zufüttern, aber wir sind uns wohl alle einig, dass es etwas anderes ist, aus einer Brust zu trinken, aus dem Körper der Mutter ernährt zu werden, als aus einer Plastikflasche.
Danach dauert es zumeist nicht lange, bis viele Väter, so wie ich, wieder arbeiten gehen. Irgendwer muss die Familie ja ernähren und dafür sorgen, dass die Lieben alles haben, was sie brauchen. Noch immer werden viele Väter in der heutigen Zeit dazu erzogen und gelenkt, der Ernährer zu sein. Diese Männer sorgen dafür, dass Geld ins Haus kommt. Unsicherheit und Angst vor der neuen und ungewissen Situation, auch in finanzieller Hinsicht, treiben diese Männer, so wie mich, meist dazu an, noch mehr zu arbeiten. Dadurch geht ihnen natürlich einiges an Zeit verloren, die wir ansonsten zum Aufbau der Bindung zu unseren Kindern nutzen könnten.
Dieses Problem habt ihr, die ihr zu Hause bleibt und sich nur um das Kind kümmert, nicht. Ihr habt "24/7" Zeit, um eure Bindung zu stärken und zu festigen. Kommen solche allein- oder hauptverdienenden Väter dann nach Hause, sind sie müde und gestresst von der Arbeit. Die Kinder sind entweder schon am Schlafen oder gehen bald zu Bett. Da fehlt also auch wieder die Zeit, um Bindungen aufzubauen und zu festigen. Klar, auch ihr seid, wenn er nach Hause kommt, sicherlich genauso gestresst und müde. Immerhin ist Hausfrau und Mutter zu sein kein Stück weniger anstrengend, als arbeiten zu gehen. Aber, und dies vergessen viele, in der Zeit, in der ihr eurer Arbeit als Hausfrau und Mutter nachgeht, habt ihr das Kind immer um/bei euch. Ihr erlebt den Alltag gemeinsam. Das bleibt dem Vater in diesem Beispiel vorenthalten. So bleibt nur das Wochenende, um wirklich Zeit mit den Kindern zu verbringen. Da wird allerdings meist nicht der Alltag gelebt, sondern etwas unternommen. Es werden Ausflüge gemacht, Verwandte und Freunde besucht, Gartenarbeit erledigt, Dinge am Haus oder der Wohnung in Ordnung/in Stand gebracht (was meist der Vater erledigt) oder mal ein ruhiger Tag verbracht. Die Alltagserfahrungen, die ihr als Mutter sammeln könnt, gehen uns, unter der Woche Vollzeit arbeitenden, oft auch Überstunden machenden Vätern, meist komplett verloren.
So ist es, denke ich, doch sehr verständlich, dass es all diesen vielen Vätern schwerer fällt, eine vergleichbare Bindung zu den Kindern aufzubauen.
Nach einer Trennung ändert sich dies, vermeintlich, nicht. Das Gegenteil wird angenommen. Er sieht die gemeinsamen Kinder ja weniger als vorher, schließlich wird ja nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt.
So ist es doch klar, dass wir, eure Männer, keine "echte" Bindung zu den Kindern aufbauen können, oder? So ist es doch verständlich, die Kinder vor der Situation, einem "Fremden" ausgesetzt zu sein, teilweise schützen zu wollen, oder?
In der Realität ist es, Gott sei Dank, meistens das genaue Gegenteil. Aus meiner eigenen Erfahrung, den Gesprächen mit einigen Vätern, Müttern und Trennungskindern, kann ich euch sagen, dass die Bindung sich verstärkt. Diese Väter und deren Kinder haben mir berichtet, dass sie den jeweils anderen nach der Trennung öfter sehen, als in der Ehe, dass sie mehr Zeit miteinander verbringen, als jemals zuvor, dass die Zeit, die miteinander verbracht wird, eine ganz neue Qualität bekommt, dass sich eine Bindung aufbaut, die vorher niemals gegeben war, vielleicht nicht mal möglich gewesen wäre. Damit will ich nicht sagen "Trennt euch, damit eure Bindung besser wird". Ich will damit nur sagen, dass es ein Trugschluss ist, zu glauben, dass nach Trennung keine Bindung aufgebaut werden kann.
Aber gehen wir noch einmal zurück an den Anfang. Nach der Geburt besteht bereits eine Bindung zwischen Vater und Kind. Diese ist sicherlich anders, als die zwischen Mutter und Kind, aber keineswegs geringer zu schätzen, weniger intensiv und vor allem nicht weniger wichtig. Ich habe mit einer Mutter gesprochen, in deren Fall sich Vater und Kind erst einige Zeit nach der Geburt wirklich kennenlernten. Diese berichtete mir von ihren Erfahrungen und sagte: "Ich behaupte felsenfest, dass da trotzdem ein starkes unsichtbares Band die beiden verbindet und sie das auch spüren. Zu sagen, da ist keine Bindung, wäre in jedem Fall falsch".
Ich finde dies ist ein tolles Statement, vor allem da es von einer Mutter kommt, die einiges durchzustehen hatte.
Um zu verstehen, wieso es manchen Müttern so vorkommt, als wäre da keine Bindung, als gäbe es kein Interesse, ist - denke ich - wichtig zu verstehen, dass viele Männer und Frauen Dinge einfach ganz anders wahrnehmen. Auch drücken viele Männer Zuneigung oft anders aus, als es Frauen tun. Es kommt nicht von ungefähr, dass es immer wieder Beispiele wie "Zwei Männer in einer Bar führen eine Unterhaltung, der eine sagt 'mHHm', der andere antwortet 'hmhm'. Gespräch Ende" gibt. Solche Beispiele illustrieren, das noch immer viele Männer von Geburt an dazu getrieben werden "hart" zu sein. Gefühle sind für Waschlappen. Was meint ihr wohl, wieso es manchen Männern so schwer fällt, Gefühle zu zeigen oder gar zu weinen, wenn jemand anderes es sehen kann. Auch ich bin da ein gutes Beispiel. Ich halte mich für emotional sehr ausgeglichen. Ich kann Gefühle zeigen und diese auch zum Ausdruck bringen, aber es fällt mir trotzdem schwer z.B. zu weinen, wenn andere anwesend sind. Auch ich wurde von klein auf darauf konditioniert, ein "MANN" zu sein. Das legt man(n) nicht einfach so von heute auf morgen ab. Nicht nur sehr viele Frauen bekommen ein Idealbild durch die Medien aufgezwungen. Sehr vielen von uns Männern geht es da ganz genauso. Es ist also wichtig zu versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen. Zu verstehen, dass wir, ebendiese Männer, die in Rollenzwängen gefangen sind, unsere Kinder nicht weniger lieben, als ihr es tut, auch wenn wir es anders zeigen, als ihr.
Bitte nehmt euch dies zu Herzen. Denkt darüber nach. Stellt euch vielleicht auch mal selbst in Frage und am aller aller wichtigsten, hört nicht (immer) auf andere. IHR seid die Eltern, IHR habt es in der Hand, euren Kindern ein glückliches Leben zu ermöglichen, nicht der neue Lebensgefährte, nicht der Freund oder die Freundin, nicht eure Mutter oder euer Vater, nur IHR.
Alles Gute,
Daddy.

4 Kommentare:

Complex hat gesagt…

Sorry aber da bekomme ich echt einen Hals. Das Argument ist einfach Standard von den meisten Frauen bei einer Trennung. So setzen sie vor Gericht spielend einfach durch, dass die Kinder ihnen zugesprochen werden. Jede Provinzanwältin rät zu dieser Strategie und sie kommen damit durch weil genau dieses veraltete Klischeebild bei Richtern und Gutachtern unreflektiert angenommen wird. Der moderne Vater hat schon längst die gleiche Bindungsqualität wie die Mutter.

Claudia hat gesagt…

In "unserem Fall" trifft das mit der engeren Bindung nicht zu. Der Vater war die Hauptbezugsperson bis zur Trennung, als da Kind gute 2 Jahre alt war. Bis zur abrupten Abreise der Mutter mit Tochter nach Übersee vor einem Jahr, als die Tochter 5 war, hatte die Tochter die engere und innigere Beziehung zum Vater als zur Mutter. Ich gehe davon aus, dass die Mutter gerade wegen dieser engen Beziehung eifersüchtig war/ist und deshalb versucht diese Beziehung zu unterbinden. Seit einem Jahr fanden ganze 2 Telefoneate statt. Auf Mails antwortet sie nicht. Sie ignoriert den Vater schlichtweg, selbst den Nachnamen des Vaters hat sie 'gestrichen' und gibt den Stievfater statt dem vater auf Schulformularen an. Sie will ihn schlichtweg aus ihrem Leben verbannen

Anonym hat gesagt…

Deshalb leben die Kinder meines Mannes aus erster Ehe auch bei uns. Weil sie zu ihm die festere Bindung hatten und haben. Die Mutter konnte nie mütterliche Gefühle aufbauen, weil sie sich nie intensiv mit den Kindern beschäftigt hatte. Sie empfand die beiden immer nur als störend. Das wusste sie vorher noch nicht, aber wollte noch ein Kind.

Papalapapi hat gesagt…

Sehr, sehr gut. So ist es.

Und ich möchte ergänzen: Keine Anwältin und kein Richter können aus euch gute Eltern machen!